Strafrechtliche Aspekte des Abgasskandals in Deutschland

von Lukas Binner

 

Auch wenn es in Deutschland, zumindest bisher, kein Unternehmensstrafrecht wie in den USA gibt, ermitteln Behörden auch hierzulande.

Viele geprellte Kunden des VW-Konzerns sind wohl nicht nur an einem Ausgleich des eigenen Schadens, der durch die Schadsoftware entstand, interessiert, sondern auch an einer Strafe für denjenigen der hierfür verantwortlich ist.

Hier verfolgen die Strafverfolgungsbehörden derzeit mehrere Ansätze.

Bußgeldverfahren gegen VW

Dem Unternehmensstrafrecht in den USA am nächsten ist das Bußgeldverfahren gemäß §30 OwiG, das die Staatsanwalt Braunschweig bereits eingeleitet hat. Hierbei könnte VW der Skandal bis zu 10 Millionen Euro kosten, wenn vorsätzlich oder fahrlässig Pflichtverletzungen begangen wurden. In Anbetracht der Milliardenbeträge, die der Konzern in den USA zahlen muss, ist die Summe aber fast vernachlässigbar. Es ist aber auch möglich, gemäß §17 OwiG den Gewinn, den der Konzern durch die Pflichtverletzung gemacht hat, abzuschöpfen. Durch diese Möglichkeit wären weit höhere, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch sehr unbestimmte, Strafzahlungen möglich.

Ermittlungen wegen Betrugs, in besonderes schwerem Fall

Gemäß §263 StGB ist für den Tatbestand des Betrugs eine Täuschung nötig. Dies ist wohl zu bejahen, da die betroffenen Fahrzeugen durch die Schadsoftware vermeintlich weniger Stickstoffoxide ausstoßen als in Wirklichkeit.

Weitere Voraussetzungen für die Strafbarkeit ist ein Vermögensdisposition aufgrund dieser Täuschung. Auch diese ist gegeben. Der Fahrzeugkäufer hat sich durch einen Kaufvertrag verpflichtet, den Kaufpreis für sein Fahrzeug zu bezahlen. Die Kaufpreiszahlung ist zweifelsfrei eine Vermögensdisposition. Diese müsste aber auch aufgrund der oben genannten Täuschung geschehen sein. Da es zunehmend mehr Käufern auch, wenn nicht ausschließlich, auf eine geringe Schadstoffemission des Fahrzeugs ankommt, wird diese Voraussetzung wohl ebenfalls gegeben sein.

Zuletzt muss dem Fahrzeugkäufer aber auch ein Schaden entstanden sein. Da die meisten Fahrzeuge mit Schadsoftware wohl zumindest zur Fortbewegung geeignet sind und es zuerst einmal nicht auffällt, dass das Fahrzeug höhere Mengen an Abgasen ausstößt als angeben, ist der Käufer auf den ersten Blick nicht benachteiligt. Die höheren Emissionswerte schaden wohl zuerst der Umwelt, nicht dem Fahrer. Auf den zweiten Blick könnte man aber durchaus einen Schaden bejahen, da die betroffenen Fahrzeuge durch die Schadsoftware stark an Wert verlieren. Der Wiederverkaufspreis liegt aufgrund der hohen Abgaswerte wohl deutlich unter dem eines ordnungsgemäßen Fahrzeugs. Dieser Schaden spiegelt sich direkt im Vermögen des Betroffenen wieder.

Auch ist zu prüfen, ob nicht Absatz 3 Nr. 2 des §263 StGB erfüllt ist. Dieser stellt einen besonders schweren Fall des Betrugs unter Strafe.

Hiernach handelt es sich um einen besonders schweren Fall, wenn der Täter

„einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen“.

In Anbetracht des großen Ausmaßes und der Vielzahl an betroffenen Kunden, liegt die Erfüllung des Tatbestands durchaus nahe. VW handelte wohl genau mit der Absicht auf längere Zeit eine Vielzahl an Kunden zu schädigen.

Es ist also zumindest denkbar, das die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen verschiedene Entscheidungsträger des VW- Konzerns Früchte tragen werden.

Weitere Verfahren laufen

Zum Beispiel ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Sie wirft zwei Managern des Konzerns vor, den Aktienmarkt vorsätzlich zu spät über den Abgasskandal und dessen Ausmaß informiert zu haben.

Weiterhin gibt es Ermittlungen wegen etwaiger Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Zusammenfassend ist es sehr schwer abzuschätzen, welche Straftatbestände erfüllt sein könnten. Weiterhin wird in einer Vielzahl anderer Länder gegen Volkswagen ermittelt, unter anderem natürlich in der USA, was die Beurteilung der strafrechtlichen Konsequenzen insgesamt sehr schwierig macht.

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